Wild, lang und eindrucksvoll: Der Augsburger Höhenweg

Gehzeit 8-10 Stunden, die meiste Zeit auf einer Höhe zwischen 2600 und 2900 Metern verlaufend, einsam und anspruchsvoll. Das sind nur ein paar Attribute, mit denen man sich dem Augsburger Höhenweg gedanklich nähern kann. Erleben muss man ihn einfach selbst.

Gut ausgeschlafen und nach einem leckeren Frühstück verließen wir um kurz vor acht die wunderbare Augsburger Hütte. 

Guten Morgen!

Die Sonne lacht wieder, welch ein Glück! (Rechts oben die Parseierspitze mit dem markanten blau-roten Felsriegel)

Irgendwie schienen wir trotz allem noch ein wenig schlaftrunken zu sein, denn gleich zweimal verhaspelten wir uns - erst nahmen wir aus Versehen den Weg ins Tal, was wir glücklicherweise nach wenigen Metern bemerkten, dann kamen wir im Schuttkar vom Weg ab (es führen hier auch Pfade nach rechts zu einigen Kletterrouten), was uns einige anstrengende Meter durch den weglosen Schutt kostete. 

Nach kurzem Fluchen erreichten wir schließlich wieder den richtigen Steig, der uns zum felsigen Teil der Gasillschlucht führte. Den roten Punkten und Versicherungen folgend stiegen wir hinauf zur Mulde des Grinner Ferners unterhalb der wunderschönen Parseierspitze. 

Der traurige Rest des Grinner Ferners mit der imposanten Parseierspitze und ihrer steilen Südwand, durch die der Normalweg verläuft

Von hier geht es nochmals recht anstrengend in grobem Schutt links hinauf zur durchaus ausgesetzten (aber versicherten) Querung unterhalb der Bocksgartenspitze. 

Die darauf folgenden Meter sind wieder relativ entspannt, bis am Gipfelaufbau des Dawinkopfs (2968m) erneut Kraxelfreudigkeit gefragt ist. 

Um 10:20 Uhr erreichten wir das Gipfelkreuz, welches den höchsten Punkt des Augsburger Höhenwegs markiert. 

Rund die Hälfte der Höhenmeter aber nur ein Bruchteil der Strecke ist bis hierher geschafft. Ein paar Fotos und einen Müsliriegel später setzten wir unseren Weg daher auch schon wieder fort. Steil, brüchig und schattig-ungemütlich geht es am Nordgrat hinunter. Hier muss man selbst im Sommer auf vereiste Stellen aufpassen. Anschließend darf in der Querung unterhalb des nächsten Gipfelaufbaus wieder Sonne getankt werden. Allerdings sollte man sich weiter konzentrieren: Zwischendurch auch mal ohne Stahlseil bewegt man sich durch schrofiges Gelände, in dem man nicht ausrutschen sollte. 

Wenig später wird es abermals gemütlicher und der breite Bergrücken zur Dawinscharte lädt zum Schlendern und Genießen ein. An der Scharte gäbe es die Möglichkeit, die Tour abzubrechen und durch ein sehr steiles Schuttkar nach Süden abzusteigen. Wenn man aus der anderen Richtung kommt und sich zu späterer Stunde die ersten dunklen Wolken am Himmel zeigen, ist man dafür sicher dankbar. Unsere Uhr zeigte jedoch erst 11:20 Uhr, außerdem waren keine Gewitter angesagt.

Gemütliches Schlendern, Feuerköpfe und Eisenspitze voraus (die nordseitige Querung im Schattenwurf sieht von hier ziemlich respekteinflößend aus)

Kurz vor der Scharte wechselt das Gestein nochmal seine Farbe

Blick ins Parseier Tal von der Dawinscharte

Notabstieg

Vor dem nächsten Abschnitt, der meist (aus meiner Sicht zurecht) als Schlüsselpassage bezeichnet wird, pausierten wir nochmals kurz und inspizierten den Weiterweg: Es geht wieder in die Nordseite, die steile Flanke der Feuerköpfe querend bis zum Gelben Schartl. Von hier leiten Stahlseile sehr steil hinunter, bis die Nordflanke sich wieder so weit zurücklehnt, dass sie weiter gequert werden kann. Vorher muss aber noch eine schneegefüllte Rinne überstiegen werden, wobei Textilseile für unterschiedliche Schneehöhen angebracht sind. 

Ja, hier führt ein "Weg" durch

So sieht das dann aus

Blick hinunter zu den Textilseilen vom Gelben Schartl, auch der Weiterweg durch die Flanke ist gut zu erkennen

Nun folgt eine weitere, sehr lange und wiederum ausgesetzte Querung, die auf den ersten Blick nahezu weglos erscheint. Erst auf wenige Meter Abstand erkennt man einen "Weg", der fast durchgehend mit Seilen versichert ist. Wir nahmen diese dankbar an, denn rechts pfeift es ziemlich steil herunter und an vielen Stellen wäre ein Sturz sicher nicht mehr zu bremsen. Die glücklicherweise wenigen und kurzen Passagen ohne Seil brachten wir daher äußerst konzentriert hinter uns. 

Weiter geht's

Blick zurück zum Gelben Schartl, in dem sich gerade unser belgischer Verfolger befindet

Bald ist die Querung geschafft

Schließlich erreicht man nach einem kleinen Anstieg die Parseierscharte mit der Biwakschachtel. Halbzeit! Fies ist, dass man bereits die Ansbacher Hütte in der Ferne ausmachen kann - sie ist jedoch noch etwa 4 Stunden entfernt. 

Parseier Scharte (2604m), die Biwakschachtel liegt geschützt hinter dem ersten kleinen Gratzacken

Nach einer erneuten Pause setzten wir unseren Weg fort. Es geht hinab in die Südseite des Griesmuttekopfs, wo man sogar kurzzeitig durch grüne Wiesen streifen darf, ...

Entspannung, auch für das Auge. Links wäre ebenfalls ein Notabstieg möglich.

Gerade so abgeschnitten liegt am linken Bildrand die Ansbacher Hütte

... bevor es am Schwarzlochkopf langsam aber sicher wieder felsiger und schuttiger wird. Für etwa dreißig Minuten quert man die Flanke und glaubt schon, die lieblichen grünen Wiesen nach der nächsten Biegung erreicht zu haben. Doch ein letztes Mal zeigt der Höhenweg seine "Zähne". Stahlseilgesichert geht es über festen, aber steilen Fels hinab in einen abwechselnd sandigen und schuttgefüllten Trichter, der absteigend gequert werden muss. 

Es wird wieder schuttiger

Steiler Abstieg, viel ekliger war aber die Querung der im Bild sichtbaren Schuttreiße

Rückblick

Auf der gegenüberliegenden Seite geht es noch einmal - natürlich ebenfalls sandig und durch Geröllströme, die bei jeder Belastung gefühlt einen halben Meter nach unten rutschen - steil hinauf, bis endlich ein befestigter, ebenerdiger Wanderweg erreicht ist. 

Eine Wohltat, so ein feiner Wanderweg

Rückblick auf die gequerten Bergflanken von Stierloch-, Schwarzloch- und Grießmuttekopf

Eine kurze Müsliriegel- und Nachcremepause später gingen wir den letzten Anstieg des Tages an: Etwa 150 Höhenmeter hinauf ins Winterjöchl. Das ging ganz schön an die Reserven. Den Stierkopf nordwestlich querend erreichten wir mit der Kopfscharte kurze Zeit später den wirklich allerletzten höchsten Punkt vor der Ansbacher Hütte.

Hütte in Sicht! (links unterhalb des Hohen Rifflers)

Diese erreichten wir um ziemlich genau halb fünf - achteinhalb Stunden nach unserem Aufbruch an der Augsburger Hütte. Wir waren also gar nicht mal langsam unterwegs gewesen. Gleichzeitig muss ich gestehen, dass ich selten so k.o. am Ziel angekommen bin. Es ist eben nicht nur die reine Länge einer Tour, sondern auch der bergsteigerische Anspruch, der Kondition verlangt - das wird einem da nochmal schön vor Augen geführt. 

Den Abend verbrachten wir mit netten Gesprächspartnern in der gut gefüllten Gaststube und der ein oder anderen Kartenspielrunde, bevor wir uns ziemlich müde in unser Matratzenlager zurückzogen. Bis hier Ruhe eingekehrt war, dauerte es noch eine ganze Weile, und so waren wir froh, am nächsten Tag nicht allzu früh aufstehen zu müssen. 

Bei tatsächlich immer schlechter werdendem Wetter beendeten wir unseren Kurzurlaub in den wunderschönen Lechtaler Alpen mit dem langen Abstieg nach Boden über das Alperschöntal.

Fazit: Erneut haben mich die Lechtaler Alpen begeistert. Im Gegensatz zu den meisten Bergen, die man von Freising/München aus als Tagestour erreichen kann, sind sie einfach nochmal ein ganzes Stück wilder. Und da es hier noch viele interessante Gipfelziele gibt, wird es sicher nicht der letzte Besuch gewesen sein.

  • Tourdatum: Dienstag, 14.09.2021
  • Zeitbedarf (ohne Pausen): Augsburger Hütte - Dawinkopf knapp 2,5 Stunden, Dawinkopf - Parseier Scharte 2 Stunden, Parseier Scharte - Ansbacher Hütte 3,5 Stunden, Gesamt 8 Stunden
  • Höhenmeter: Etwa 1300
  • Hier geht es zum Bericht von Tag 1 und 2

Kommentare

  1. Hallo, sehr schöner, ausführlicher und informativer Bericht. Danke Gruß Jupp

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    1. Servus Jupp, freut mich, dass er dir gefällt! Rebecca

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