Kopftörlgrat: Folge dem Speck!
18:30 Uhr. Endlich können wir uns nach acht Stunden am Grat der Kletterschuhe entledigen und das Seil einpacken. Die letzte Seillänge (IV-, "oft feuchter Kamin") schenken wir uns. Vom Wanderweg trennen uns also nur noch ein paar Schrofen. Doch wo genau ist die Umgehung? Trittspuren Fehlanzeige. Wir gehen los und hoffen, uns auf den letzten Metern nicht noch irgendwo zu verfransen. Dann könnte es eng werden...
Nachdem die Meteorologen stabiles, schönes Wetter angesagt hatten, stand uns der Sinn nach etwas Besonderem. Ein Blick auf die Wunschtourenliste: Kopftörlgrat, das wär doch was.
Um halb sieben gabelte ich Katharina in München auf, gegen 8 Uhr erreichten wir den bereits gut gefüllten Parkplatz an der Wochenbrunneralm. Nach verteilen der Lasten ging's los, in gut einer Stunde zur wunderschön gelegenen Gruttenhütte.
Skeptisch betrachteten wir die Wolken, die sich hartnäckig am Grat und den umliegenden Gipfeln hielten. Hatte der Wetterbericht nicht von einem tadellosen Tag gesprochen? Da nach erneutem Check des ZAMG-Bergwetterberichts noch immer keine Rede von Gewittern war, stapften wir weiter.
Etwa eine Stunde später erreichten wir den Anseilplatz nach der markanten Gratnadel.
Neben uns beiden machten sich noch eine weitere Zweierseilschaft und ein Bergführer mit zwei Kunden kletterfertig. Wir starteten an Position 2; das Seil blieb zunächst im Rucksack. Genüsslich erklommen wir den IIer-Kamin, im nachfolgenden leichten (aber ausgesetzten!) Gehgelände kamen wir ebenfalls gut voran.
Vor der nächsten plattigen Stelle (kurz III) wechselte Katharina auf ihre Kletterschuhe, wobei uns der Bergführer überholte. Wir warteten brav, bis alle vorbei waren und folgten ihnen durch wieder leichteres Gelände (I bis II) bis zur Scharte vor dem 2. Turm. Die ersten Meter...
... machten wir weiterhin seilfrei, für die nächste recht ausgesetzte Stelle...
... holten wir schließlich das Seil aus dem Rucksack. Irrtümlicherweise wähnten wir uns hier bereits im Anstieg zum 3. Turm, was später zunächst für Verwirrung beim Blick ins Topo und noch etwas später für Konsternierung hinsichtlich des Tourenfortschritts sorgte. Da erneut Gehgelände folgte, packten wir das Seil wieder ein und stiegen hinunter in die Scharte vor dem 3. Turm.
So mächtig wie sich dieser vor uns aufbaute, gingen wir weiterhin davon aus, dass wir uns bereits vor dem 4. Turm befanden. Katharina startete (jetzt wieder mit Seil), ...
... die darauf folgende Seillänge fiel damit in meine Verantwortung. Laut Topo hätte es in unseren Augen schräg rechts aufwärts gehen müssen. Hier war nach kurzer Suche jedoch kein Durchkommen ersichtlich, also folgte ich dem am einfachsten erscheinenden Weg. Und tatsächlich: An der Kante nach einem Wechsel in die Nordseite fand sich ein Standhaken; weiter konnte es nur über eine große gutmütig geneigte Platte wieder Richtung Süden gehen. Um Seilzug zu vermeiden, machten wir an der Kante einen Zwischenstand, was wiederum Zeit kostete, aber sicherlich sinnvoll war. Die folgende Kaminseillänge ließ noch einmal Kletterglück aufkommen - auch wenn sich die Wolken noch immer hartnäckig zeigten. Unter dem Klemmblock hindurch...
... erreichten wir den nächsten Standhaken. Da der vor uns liegende Turm offensichtlich nicht erklettert, sondern in der Südseite umgangen wird, war nun auch immer klarer, dass wir erst weitaus weniger Strecke gemacht hatten als wir die ganze Zeit angenommen hatten. Der Bergführer und die andere Seilschaft waren uns ebenfalls bereits weit voraus, sodass wir zwecks Orientierung auf uns allein gestellt waren.
Dies war auch der Grund, warum wir im Anstieg auf Turm Nr. 4 sehr viel Zeit ließen. Ich machte den Anfang. Nach wenigen Metern der erste Standhaken. Ich nutzte diesen, auch wenn das Topo eigentlich eine 30m-Seillänge ansagte. Katharina kam nach und ging gleich das nächste Stück an. Hier dauerte die Suche nach dem Standhaken etwas länger, war letztendlich jedoch erfolgreich. Wir sollten also richtig sein. Ich kam nach und sah mir etwas skeptisch das weitere Gelände an. Nach links zwar "verschneidungsmäßig", aber irgendwie zu glatt für eine III. Also rechts herum; hier steckte sogar ein Schlaghaken. Allerdings wurde es danach sehr steil und ausgesetzt. Die Griffe waren zwar einigermaßen gut, mit den dicken Alpinstiefeln traute ich jedoch den kaum vorhandenen Tritten nicht. Zweimal versuchte ich es, dann stieg ich wieder ein wenig ab. Was mich nämlich zusätzlich stutzig machte, war der fehlende Speck. Bisher waren die etwas schwierigeren Kletterstellen immer gut poliert gewesen, warum nicht hier? Ein anderer Weiterweg kam für uns jedoch nicht in Frage, also wechselte nun auch ich auf die Kletterschuhe und versuchte es erneut. Einigermaßen zittrig (und jetzt natürlich mit zusätzlichem Gewicht im Rucksack) hievte ich mich hinauf und folgte dem nun scharfen Grat einige Meter weiter bis zu einem Köpfel. Hier konnte ich endlich wieder eine Zwischensicherung legen, was die Psyche etwas beruhigte. Weiter oben erspähte ich einen Friend; ganz verkehrt konnte ich also nicht sein. Wenige Meter darüber ein Standhaken - gottseidank!
Nachdem Katharina nachgekommen war, bestätigte sie mir, dass dies auch in ihren Augen keine IIIer-Kletterei mehr gewesen sein konnte. Letztlich war es nur eine kurze Stelle, aber mit IV würde ich sie schon bewerten. Oder waren wir einfach nur schon sehr müde? Wäre nicht der fehlende Speck, würde ich darauf tippen. Noch immer bin ich mir unsicher, tendiere jedoch arg dazu, dass wir - zumindest kurzzeitig - falsch unterwegs waren. Die weiteren Meter bis auf den Gipfel des Lechsturms (4. Turm) waren dann wieder harmlos und endlich konnten wir eine wohlverdiente Pause einlegen. Es war nun bereits kurz vor 17 Uhr.
Da sich jedoch das Wetter endlich ein wenig gebessert hatte und wir nur noch drei zwingende Seillängen vor uns hatten, beschlossen wir, nicht den Notabstieg zu nutzen, sondern die Tour durchzuziehen. So weit waren wir nun schon gekommen, da wollten wir uns den Rest auch noch anschauen!
Tatsächlich wurde es mit der extrem aufgesetzten, plattigen IIIer-Länge (die Hälfte davon querend bzw. absteigend) noch einmal richtig spannend.
Es ging letztendlich aber ziemlich gut und auch die Psyche spielte weiterhin mit. Den 5. Turm umgingen wir nordseitig bis in die Scharte vor dem 6. und letzten Turm.
Hier wartete noch einmal Genusskraxeln (III-) in der ersten Seillänge und - nachdem wir uns kurz vom Topo ob der Variante verwirren ließen - zunächst links dem Band folgende und dann nochmal einige Meter an der Kante entlangführende, schöne Kletterei (III+) auf uns.
Ein wunderbarer Abschluss, da waren wir uns einig - genauso wie hinsichtlich des Auslassens der finalen, oben erwähnten Schlüsselseillänge.
Spannend wurde es noch einmal bei der Umgehung. Im steilen Schrofengelände waren leider keine Begehungsspuren sichtbar, dafür aber Schluchten zu erahnen, die uns vom bereits sichtbaren Wanderweg trennten. Würden sie zu überwinden sein, und wenn ja, wo genau? Nachdem wir das Seil eingepackt und wieder auf Bergschuhe gewechselt hatten, stiegen wir durch unangenehmes Gelände vorsichtig bergab. Die erste Schlucht war mehr eine Rinne, und auch die zweite stellte sich als nicht sehr tief und damit gut überwindbar heraus - Erleichterung machte sich breit, als wir endlich unsere Füße auf den markierten Normalweg setzen konnten. Die Uhr zeigte 19:15 Uhr. Wir ließen die Rucksäcke liegen und stiegen noch die letzten Meter zum 2344m hohen Gipfel auf.
Den Ausblick und die Ruhe (natürlich waren wir um diese Zeit alleine) hätten wir gerne noch länger genossen. Uns stand jedoch noch der nicht gerade kurze Abstieg und die Heimfahrt bevor. Um es kurz zu machen: Zweieinhalb Stunden später, also um ziemlich genau 22 Uhr erreichten wir im letzten Licht das Auto. Nochmals zwei Stunden später konnte ich endlich erschöpft ins Bett fallen: Nach 8 Stunden am Grat, 14 Stunden auf den Beinen und insgesamt 18 Stunden Unterwegssein.
Müsste der Artikel über den Kopftörlgrat nicht auch das Label "Grat" erhalten? Augenscheinlich zunächst einmal ja; andererseits: Wie auf einer Grattour fühlt man sich eigentlich nicht wirklich, da das Gelände sehr verwinkelt und unübersichtlich ist, und man eigentlich nie wirklich am Grat klettert. Und auch das mit dem Kletterlabel gestaltet sich schwierig: Lässt man (wie wir) die letzte Seillänge weg und findet man (anders als wir) den richtigen Weg, wird der IIIte Grat nicht überschritten. Man könnte also meinen, dass es sich eher um eine ausgewachsene Bergtour handelt, bei der das Seil nur als Backup mit dabei ist. Da aber viele IIIer-Stellen entweder recht ausgesetzt oder sehr steil sind und die meisten wohl in Bergschuhen klettern werden, braucht man schon eine ziemlich stabile Psyche, um die Tour (weitgehend) ohne Seil zu machen. Für uns hatte sie daher eher den Charakter einer Alpinkletterei - mit Betonung auf "alpin", denn ein großer Teil der (Zwischen)sicherungen muss selbst gelegt werden.
Abschließend muss ich sagen, dass ich - trotz aller Warnungen, dies nicht zu tun - die Tour unterschätzt habe. Sie ist LANG. Man sollte also wirklich möglichst alles seilfrei klettern und/oder das Seilhandling sehr gut drauf haben. Packt man das Seil einmal aus, ist man verleitet, es immer weiter zu benutzen, was extrem viel Zeit kostet. Zudem gestaltet sich die Orientierung (vielleicht bei uns auch aufgrund des Nebels) teils recht schwierig, sodass man auch dafür Zeit einplanen muss.
Jetzt, wo ich den Weg kenne (bis auf die eine Stelle, wo wir vermutlich falsch waren, sowie die letzte Seillänge), sollte eine Wiederholung aber deutlich einfacher werden - vielleicht geht sich ja sogar noch in diesem Jahr eine weitere Begehung des Kopftörlgrat aus - wie wär's, Katharina? :-)
Nachdem die Meteorologen stabiles, schönes Wetter angesagt hatten, stand uns der Sinn nach etwas Besonderem. Ein Blick auf die Wunschtourenliste: Kopftörlgrat, das wär doch was.
Um halb sieben gabelte ich Katharina in München auf, gegen 8 Uhr erreichten wir den bereits gut gefüllten Parkplatz an der Wochenbrunneralm. Nach verteilen der Lasten ging's los, in gut einer Stunde zur wunderschön gelegenen Gruttenhütte.
Skeptisch betrachteten wir die Wolken, die sich hartnäckig am Grat und den umliegenden Gipfeln hielten. Hatte der Wetterbericht nicht von einem tadellosen Tag gesprochen? Da nach erneutem Check des ZAMG-Bergwetterberichts noch immer keine Rede von Gewittern war, stapften wir weiter.
Etwa eine Stunde später erreichten wir den Anseilplatz nach der markanten Gratnadel.
Die muss man einfach fotografieren! |
Neben uns beiden machten sich noch eine weitere Zweierseilschaft und ein Bergführer mit zwei Kunden kletterfertig. Wir starteten an Position 2; das Seil blieb zunächst im Rucksack. Genüsslich erklommen wir den IIer-Kamin, im nachfolgenden leichten (aber ausgesetzten!) Gehgelände kamen wir ebenfalls gut voran.
Vor der nächsten plattigen Stelle (kurz III) wechselte Katharina auf ihre Kletterschuhe, wobei uns der Bergführer überholte. Wir warteten brav, bis alle vorbei waren und folgten ihnen durch wieder leichteres Gelände (I bis II) bis zur Scharte vor dem 2. Turm. Die ersten Meter...
... machten wir weiterhin seilfrei, für die nächste recht ausgesetzte Stelle...
... holten wir schließlich das Seil aus dem Rucksack. Irrtümlicherweise wähnten wir uns hier bereits im Anstieg zum 3. Turm, was später zunächst für Verwirrung beim Blick ins Topo und noch etwas später für Konsternierung hinsichtlich des Tourenfortschritts sorgte. Da erneut Gehgelände folgte, packten wir das Seil wieder ein und stiegen hinunter in die Scharte vor dem 3. Turm.
So mächtig wie sich dieser vor uns aufbaute, gingen wir weiterhin davon aus, dass wir uns bereits vor dem 4. Turm befanden. Katharina startete (jetzt wieder mit Seil), ...
... die darauf folgende Seillänge fiel damit in meine Verantwortung. Laut Topo hätte es in unseren Augen schräg rechts aufwärts gehen müssen. Hier war nach kurzer Suche jedoch kein Durchkommen ersichtlich, also folgte ich dem am einfachsten erscheinenden Weg. Und tatsächlich: An der Kante nach einem Wechsel in die Nordseite fand sich ein Standhaken; weiter konnte es nur über eine große gutmütig geneigte Platte wieder Richtung Süden gehen. Um Seilzug zu vermeiden, machten wir an der Kante einen Zwischenstand, was wiederum Zeit kostete, aber sicherlich sinnvoll war. Die folgende Kaminseillänge ließ noch einmal Kletterglück aufkommen - auch wenn sich die Wolken noch immer hartnäckig zeigten. Unter dem Klemmblock hindurch...
... erreichten wir den nächsten Standhaken. Da der vor uns liegende Turm offensichtlich nicht erklettert, sondern in der Südseite umgangen wird, war nun auch immer klarer, dass wir erst weitaus weniger Strecke gemacht hatten als wir die ganze Zeit angenommen hatten. Der Bergführer und die andere Seilschaft waren uns ebenfalls bereits weit voraus, sodass wir zwecks Orientierung auf uns allein gestellt waren.
Rückblick auf Turm Nr. 2, der in steilen Schrofen und einer Rinne wieder abgeklettert werden muss; es ist jedoch weniger steil als es hier den Anschein hat |
In der Querung von Turm Nr. 3 |
Dies war auch der Grund, warum wir im Anstieg auf Turm Nr. 4 sehr viel Zeit ließen. Ich machte den Anfang. Nach wenigen Metern der erste Standhaken. Ich nutzte diesen, auch wenn das Topo eigentlich eine 30m-Seillänge ansagte. Katharina kam nach und ging gleich das nächste Stück an. Hier dauerte die Suche nach dem Standhaken etwas länger, war letztendlich jedoch erfolgreich. Wir sollten also richtig sein. Ich kam nach und sah mir etwas skeptisch das weitere Gelände an. Nach links zwar "verschneidungsmäßig", aber irgendwie zu glatt für eine III. Also rechts herum; hier steckte sogar ein Schlaghaken. Allerdings wurde es danach sehr steil und ausgesetzt. Die Griffe waren zwar einigermaßen gut, mit den dicken Alpinstiefeln traute ich jedoch den kaum vorhandenen Tritten nicht. Zweimal versuchte ich es, dann stieg ich wieder ein wenig ab. Was mich nämlich zusätzlich stutzig machte, war der fehlende Speck. Bisher waren die etwas schwierigeren Kletterstellen immer gut poliert gewesen, warum nicht hier? Ein anderer Weiterweg kam für uns jedoch nicht in Frage, also wechselte nun auch ich auf die Kletterschuhe und versuchte es erneut. Einigermaßen zittrig (und jetzt natürlich mit zusätzlichem Gewicht im Rucksack) hievte ich mich hinauf und folgte dem nun scharfen Grat einige Meter weiter bis zu einem Köpfel. Hier konnte ich endlich wieder eine Zwischensicherung legen, was die Psyche etwas beruhigte. Weiter oben erspähte ich einen Friend; ganz verkehrt konnte ich also nicht sein. Wenige Meter darüber ein Standhaken - gottseidank!
Unsere Schlüsselseillänge |
Nachdem Katharina nachgekommen war, bestätigte sie mir, dass dies auch in ihren Augen keine IIIer-Kletterei mehr gewesen sein konnte. Letztlich war es nur eine kurze Stelle, aber mit IV würde ich sie schon bewerten. Oder waren wir einfach nur schon sehr müde? Wäre nicht der fehlende Speck, würde ich darauf tippen. Noch immer bin ich mir unsicher, tendiere jedoch arg dazu, dass wir - zumindest kurzzeitig - falsch unterwegs waren. Die weiteren Meter bis auf den Gipfel des Lechsturms (4. Turm) waren dann wieder harmlos und endlich konnten wir eine wohlverdiente Pause einlegen. Es war nun bereits kurz vor 17 Uhr.
Auf dem Leuchsturm |
Da sich jedoch das Wetter endlich ein wenig gebessert hatte und wir nur noch drei zwingende Seillängen vor uns hatten, beschlossen wir, nicht den Notabstieg zu nutzen, sondern die Tour durchzuziehen. So weit waren wir nun schon gekommen, da wollten wir uns den Rest auch noch anschauen!
Tatsächlich wurde es mit der extrem aufgesetzten, plattigen IIIer-Länge (die Hälfte davon querend bzw. absteigend) noch einmal richtig spannend.
Katharina... |
... und ich stehen hier jeweils an der gleichen Stelle |
Es ging letztendlich aber ziemlich gut und auch die Psyche spielte weiterhin mit. Den 5. Turm umgingen wir nordseitig bis in die Scharte vor dem 6. und letzten Turm.
Turm Nr. 5, ein steiler Zahn |
Hier wartete noch einmal Genusskraxeln (III-) in der ersten Seillänge und - nachdem wir uns kurz vom Topo ob der Variante verwirren ließen - zunächst links dem Band folgende und dann nochmal einige Meter an der Kante entlangführende, schöne Kletterei (III+) auf uns.
Das deutliche und einfache Band; die Variante (IV+) führt von hier schräg rechts hinauf |
Ein wunderbarer Abschluss, da waren wir uns einig - genauso wie hinsichtlich des Auslassens der finalen, oben erwähnten Schlüsselseillänge.
Spannend wurde es noch einmal bei der Umgehung. Im steilen Schrofengelände waren leider keine Begehungsspuren sichtbar, dafür aber Schluchten zu erahnen, die uns vom bereits sichtbaren Wanderweg trennten. Würden sie zu überwinden sein, und wenn ja, wo genau? Nachdem wir das Seil eingepackt und wieder auf Bergschuhe gewechselt hatten, stiegen wir durch unangenehmes Gelände vorsichtig bergab. Die erste Schlucht war mehr eine Rinne, und auch die zweite stellte sich als nicht sehr tief und damit gut überwindbar heraus - Erleichterung machte sich breit, als wir endlich unsere Füße auf den markierten Normalweg setzen konnten. Die Uhr zeigte 19:15 Uhr. Wir ließen die Rucksäcke liegen und stiegen noch die letzten Meter zum 2344m hohen Gipfel auf.
Den Ausblick und die Ruhe (natürlich waren wir um diese Zeit alleine) hätten wir gerne noch länger genossen. Uns stand jedoch noch der nicht gerade kurze Abstieg und die Heimfahrt bevor. Um es kurz zu machen: Zweieinhalb Stunden später, also um ziemlich genau 22 Uhr erreichten wir im letzten Licht das Auto. Nochmals zwei Stunden später konnte ich endlich erschöpft ins Bett fallen: Nach 8 Stunden am Grat, 14 Stunden auf den Beinen und insgesamt 18 Stunden Unterwegssein.
- Tourdatum: Sonntag, 01.07.2018
- Zeitbedarf: Aufgrund zu viel Sicherungsarbeit und dabei zu unroutiniertem Seilgebrauch sowie der Wegsuche in unserem Fall ohne Pausen ca. 13 Stunden (2,5 Stunden Zustieg, 8 Stunden Kletterei inkl. Umgehung der letzten Seillänge und Gipfelanstieg, 2,5 Stunden Abstieg), normalerweise werden eher 8-10 Stunden veranschlagt
- Höhen- und Klettermeter: Im Aufstieg aufgrund von Gegenanstiegen knapp 1400hm, Abstieg eher nur nur die rein rechnerischen 1260hm. Gesamtkletterlänge ca. 1400m!
***
Epilog
Müsste der Artikel über den Kopftörlgrat nicht auch das Label "Grat" erhalten? Augenscheinlich zunächst einmal ja; andererseits: Wie auf einer Grattour fühlt man sich eigentlich nicht wirklich, da das Gelände sehr verwinkelt und unübersichtlich ist, und man eigentlich nie wirklich am Grat klettert. Und auch das mit dem Kletterlabel gestaltet sich schwierig: Lässt man (wie wir) die letzte Seillänge weg und findet man (anders als wir) den richtigen Weg, wird der IIIte Grat nicht überschritten. Man könnte also meinen, dass es sich eher um eine ausgewachsene Bergtour handelt, bei der das Seil nur als Backup mit dabei ist. Da aber viele IIIer-Stellen entweder recht ausgesetzt oder sehr steil sind und die meisten wohl in Bergschuhen klettern werden, braucht man schon eine ziemlich stabile Psyche, um die Tour (weitgehend) ohne Seil zu machen. Für uns hatte sie daher eher den Charakter einer Alpinkletterei - mit Betonung auf "alpin", denn ein großer Teil der (Zwischen)sicherungen muss selbst gelegt werden.
Abschließend muss ich sagen, dass ich - trotz aller Warnungen, dies nicht zu tun - die Tour unterschätzt habe. Sie ist LANG. Man sollte also wirklich möglichst alles seilfrei klettern und/oder das Seilhandling sehr gut drauf haben. Packt man das Seil einmal aus, ist man verleitet, es immer weiter zu benutzen, was extrem viel Zeit kostet. Zudem gestaltet sich die Orientierung (vielleicht bei uns auch aufgrund des Nebels) teils recht schwierig, sodass man auch dafür Zeit einplanen muss.
Jetzt, wo ich den Weg kenne (bis auf die eine Stelle, wo wir vermutlich falsch waren, sowie die letzte Seillänge), sollte eine Wiederholung aber deutlich einfacher werden - vielleicht geht sich ja sogar noch in diesem Jahr eine weitere Begehung des Kopftörlgrat aus - wie wär's, Katharina? :-)
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