Tag 2 meines Mini-Karwendel-Urlaubs sollte mich über die beiden gegensätzlichen Solsteine - der Kleine abweisend und schroff, der Große zahm und einladend - wieder zurück nach Mittenwald führen.
Nachdem ich überraschend gut geschlafen hatte, verließ ich die Neue Magdeburger Hütte um zwanzig nach sieben nach einem schnellen Frühstück in Richtung Solsteine. Im Gegensatz zum Vortag lachte die Sonne vom wolkenlosen Himmel und ich genoss die herrliche Morgenstimmung. Allerdings nicht allzu lang, denn bereits nach kurzer Zeit verlangt der durchaus wilde Höttinger Schützensteig immer wieder volle Aufmerksamkeit. Zudem geht es meist steil bergauf, sodass sauberes Gehen notwendig ist. Gleichzeitig wird der Ausblick nach unten ins Inntal sowie nach Süden in Richtung Hauptkamm natürlich immer reizvoller.
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Rückblick nach den ersten Metern - wer hier keine Schwierigkeiten hat, schafft auch den Rest des Schützensteigs |
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Unten der Innsbrucker Flughafen |
Nach etwa einer Stunde wird das Gelände wieder zahmer und der Pfad windet sich nach Westen. Auf einem Rücken auf ca. 2250m scheint nun bereits der Kleine Solstein zum Greifen nah. Tatsächlich ist noch mit deutlich über einer Stunde Gehzeit zu rechnen. Ich machte eine kurze Pause und genoss neben einem Riegel auch den Anblick der Unmengen Edelweiß.
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Ganz rechts das Gipfelkreuz des Kleinen Solsteins |
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Genialer Tiefblick |
Anschließend folgte ich den Markierungen weiter hinauf. Als mich auf etwa 2400m mit Erreichen der Waidböden plötzlich ein schneidend kalter Nordwestwind empfing, war ich richtig froh über meine Handschuhe, die ich noch mit leisen Zweifeln in den Rucksack gepackt hatte. Glücklicherweise ließ der Wind schon bald wieder nach, sonst hätte ich vielleicht ernsthaft darüber nachgedacht, den Kleinen Solstein auszulassen. Da dieser nur über einen zusätzlichen Abstecher besucht werden kann, war klar, dass ich spontan entscheiden würde, ihn mitzunehmen oder wegzulassen. Da ich bis zum Sattel zwischen den beiden Solsteinen jedoch gut vorangekommen war (etwas mehr als 2 Stunden statt der auf den Schildern angegebenen drei), war ich auch zuversichtlich, dass ich schneller als die angezeigte Stunde bis zum Gipfel sein würde. Außerdem war die Verlockung natürlich groß, denn der Kleine Solstein (der übrigens auch höher ist als der Große) ist der deutlich anspruchsvollere Berg.
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Gutmütiges Gelände mit strengem Wind (links der Große Solstein) |
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Endlich kommt der Kleine wieder in Sicht |
Gleichzeitig ist der Steig gut markiert, sodass die Wegfindung trotz des zerklüfteten Geländes keine Probleme bereitet.
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Gleich geschafft! |
Um halb elf (also nach 50 Minuten) kam ich schließlich am einsamen Gipfel an - ich hatte bis hierher auch noch niemanden getroffen, einfach herrlich. Für etwa 15 Minuten sog ich die geniale Stimmung in mich auf.
Beim Abstieg kamen mir dann die ersten Menschen entgegen - und ab dem Großen Solstein, der unschwierig vom weitläufigen Sattel erreicht wird, war es sowieso aus mit der Einsamkeit. Zuvor durfte ich mich aber noch über eine - wahrscheinlich nicht für alle Menschen nachvollziehbare - äußerst beglückende Begegnung am Sattel freuen: Mindestens neun Mornellregenpfeifer schienen die tundraartige Landschaft für einen Zwischenstopp auf ihrer Reise in den Süden für eine Rast und Nahrungssuche zu nutzen - und ließen mich so nahe heran, dass ich sie sogar ohne mein in dieser Situation schmerzlich vermisstes Fernglas bestimmen konnte. Welch ein Glück muss man haben!
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Abstieg vom Kleinen Solstein |
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Einer der besagten Vögel |
Beschwingt erreichte ich gegen 12 Uhr den Großen Solstein und freute mich, dort meine netten Tischnachbarn vom Vortag wiederzutreffen.
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Genialer Rückblick zum Kleinen Solstein |
Da ich mir lieber auf dem Solsteinhaus noch eine Pause gönnen wollte, stieg ich recht bald dorthin ab. Abgesehen vom Ausblick geht es wenig spektakulär in endlosen Serpentinen hinunter, sodass die Füße ganz schön qualmten, als ich gegen viertel nach eins an der Hütte ankam. Wie froh war ich in diesem Moment darum, die bis hierher definitiv nicht zu warme lange Hose gegen eine luftige kurze tauschen zu können! Ein Espresso und das Schokomilchbrötchen, welches ich eigentlich als Frühstück eingepackt hatte (ich wollte ursprünglich ganz früh los, ließ mich dann aber doch zur Halbpension überreden), gaben die nötigen Reserven frei, um die mir nun noch bevorstehenden knapp 300 Höhenmeter zur Eppzirler Scharte zu absolvieren.
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Abstieg mit Blick zur Erlspitze, mein Gipfel an Tag 1 |
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Solsteinhaus |
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Da muss ich jetzt noch rauf... |
Tatsächlich gingen mir diese erstaunlich leicht von der Hand; trotzdem war ich froh, anschließend nur noch 650 Höhenmeter zur Eppzirler Alm absteigen zu müssen und es von dort einfach nur rollen lassen zu können.
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Da unten wartet mein Radl :-) |
Na gut, ein bisschen strampeln musste ich natürlich schon noch, ehe ich mit einer halben Stunde Vorlauf in Mittenwald den 17 Uhr-Zug erreichte. Dank des Vorlaufs war es auch kein Problem, ein bequemes Plätzchen für mich und mein Radl zu finden. Beglückt und erfüllt mit tiefer Zufriedenheit ließ ich mich so gemütlich wieder nach Freising chauffieren.
- Tourdatum: Sonntag, 24.08.2025
- Zeitbedarf (ohne Pausen): Neue Magdeburger Hütte - Kleiner Solstein knapp 3 Stunden, Kleiner Solstein - Großer Solstein knapp 1 Stunde, Großer Solstein - Solsteinhaus 1 Stunde, Solsteinhaus - Eppzirler Alm gut 1,5 Stunden, Alm - Mittenwald (mit dem Rad) 1 Stunde, Gesamt 7,5 Stunden
- Höhenmeter: Knapp 1500 bergauf, 2200 bergab (davon ca. 550 mit dem Rad)
- Strecke: 13,2 km zu Fuß, 15,7 km mit dem Rad
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