Einsamkeit am Mittenwalder Höhenweg

Die Idee, den Mittenwalder Höhenweg einmal bei Schnee zu begehen und damit den Menschenmassen auszuweichen, spukte schon länger in meinem Kopf herum. Und nachdem sich aufgrund des Wintereinbruchs unsere Hochtourenwoche als nicht realisierbar herausstellte, drängte sich diese Idee förmlich auf. So kamen wir zumindest noch in den Genuss eines "Hochtourenfeelings".


Da wir uns schließlich eine ganze Woche Urlaub genommen hatten, gingen wir das Ganze mit zwei Hüttenübernachtungen recht gemütlich an. Unser erstes Ziel war daher die urige Brunnsteinhütte (1560m). Diese erreichten wir über den schönen Leitersteig mit der interessanten Hängebrücke.


Auf der Hütte waren wir zusammen mit zwei Berlinern, die eine Hüttentour durchs Karwendel absolvierten, alleine. Kein Wunder, denn das Wetter zeigte sich nach dem Schneefall des vergangenen Tages nur mäßg gut und auch die ursprünglich angekündigten 9 Sonnenstunden für den folgenden Tag waren mittlerweile revidiert worden.


So genossen wir einen geselligen Abend in der gemütlichen kleinen Stube und kamen neben den Berlinern auch ein wenig mit dem Hüttenwirt ins Gespräch. Unseren Plan, am nächsten Tag den Mittenwalder Höhenweg zu begehen und dann zur Mittenwalder Hütte abzusteigen, sah er als ambitioniert, aber machbar an. Die Berliner wollten ebenfalls den Höhenweg nehmen und waren wohl froh um zwei Spurer - denn dass wir die ersten sein würden, die nach dem Schneefall dort oben entlanggehen würden, war relativ klar. Zum Abschluss des schönen Abends spendierte uns der Wettergott sogar noch einen stimmungsvollen Sonnenuntergang.


Nach einer erholsamen Nacht (trotz Gang auf die Außentoilette) starteten wir am nächsten Morgen um 8 Uhr Richtung Brunnsteinspitze. Nachdem wir den Zustieg in Form von ziemlich langweiligen 750 Höhenmetern hinter uns gebracht hatten, pausierten wir kurz an der ersten Erhöhung, von wo aus wir einen großen Teil des Höhenwegs überblicken konnten.


Da bis hierher keine Fußabdrücke zu sehen gewesen waren, konnten wir nun davon ausgehen, den gesamten Weg zu spuren. Trotz des bescheidenen Wetters kam daher große Vorfreude auf. Und so ging es die ersten paar Meter gleich recht fotogen dahin.



Da die Schneemenge überschaubar war, kamen wir schnell voran. In stetigem Auf und Ab...

Ausgesetzt, aber leicht

Immer wieder auch Gehgelände


Tierische Begegnungen: Gamsfamilien...


... und ein Schneehuhn im Zwiegespräch mit einem anderen kleinen Piepmatz

Leitern gibt es auch ein paar

Sieht schlimmer aus als es war



... erreichten wir um kurz nach zwölf den Notunterstand mit dem interessanten Verbotsschild.


Ein paar Meter weiter ließen wir uns für eine weitere Pause nieder, bei der wir sofort Gesellschaft bekamen.


Mehr oder weniger pünktlich kam sogar die Sonne zum Vorschein, was für einen Motivationsschub sorgte.


Die südliche Linderspitze (2306m) erreichten wir um 13 Uhr nach einem satten Gegenanstieg.


Nochmals ging es fotogen bergab - leider tauchten wir wenig später in den Hochnebel ab, aus dem wir erst sehr viel später wieder "entkamen".



Eine Stunde später, um zwei Uhr nachmittags, kamen wir endlich am Panoramaweg und nochmals zwanzig Minuten später an der Bergstation selbst an, wo wir uns eine warme Suppe als Stärkung gönnten. Obwohl der Mittenwalder Höhenweg im Grunde einfach zu begehen war (alle Sicherungen waren schneefrei), hatten wir doch Respekt vor dem Abstieg zur Mittenwalder Hütte: Steiles, schneedurchsetztes und nur teilweise gesichertes Gelände im Nebel... Der am Abzweig nahe der Bergstation angebrachte Warnhinweis kam daher nicht überraschend.


Glücklicherweise war jedoch hier schon jemand aufgestiegen, sodass wir keine Probleme hatten, uns in den unter diesen Umständen sonst sehr unübersichtlichen Schrofen zurecht zu finden. Zwar wären wir sicher auch ohne Spur ans Ziel gekommen, doch so verloren wir keine Zeit mit der Suche nach Markierungen.


Je tiefer wir kamen, desto mehr lichtete sich der Nebel, und schließlich konnten wir sogar wieder Mittenwald sehen.


Über einen später einfachen Pfad gelangten wir zur Hütte, wo uns um kurz nach halb fünf das verdiente Erfrischungsgetränk serviert wurde.


Wir wurden auch gleich an ein Pärchen aus Düsseldorf verwiesen, das den Höhenweg am nächsten Tag gehen wollte. Der Abend wurde also wieder gesellig und auch das Außenklo waren wir ja schon gewohnt. Dass der nächste Tag sehr viel spannender werden sollte als geplant, ahnten wir zu dem Zeitpunkt jedoch noch nicht...
  • Tourdatum: 24./25.09.2015 (Donnerstag und Freitag)
  • Höhenmeter: Aufgrund der vielen Auf und Abs schwer zu sagen, ca. 1000 hoch und runter
  • Zeitbedarf: Brunnsteinhütte - Brunnsteinscharte gut 1,5 Stunden, Höhenweg bis Bergstation 4,5 Stunden, Abstieg zur Mittenwalder Hütte 1,5 Stunden (= gesamt 7,5 Stunden ohne Pausen)
  • Fazit: Trotz eingeschränkter Aussicht bin ich froh, den Höhenweg genau an diesem Tag gegangen zu sein. So waren wir völlig einsam unterwegs. Der Eispickel kam nicht zum Einsatz, da der Schnee eine gute Trittfestigkeit hatte und wir keine steilen Querungen ohne Sicherung zu meistern hatten. Unterschätzen sollte man nicht den Abstieg zur Mittenwalder Hütte. Bei mehr Schnee und ohne Spuren wird man den Weg kaum finden; dann ist eine Fahrt mit der Bergbahn ratsam. Der Höhenweg an sich wäre auch mit etwas mehr Schnee kein Problem gewesen - bei den von uns vorgefundenen Verhältnissen war es absolute Genusskraxelei.

Kommentare

  1. Danke für den interessanten und fesselnden Bericht, aber erzählst du uns auch noch, was am nächsten Tag so spannend war?

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    1. Danke dir für dein Interesse an der Fortsetzung! :) Bin leider noch nicht zum schreiben gekommen, der Bericht folgt aber in den kommenden Tagen. Ich sag nur so viel: Weglose und nicht markierte Schrofenklettereiim Nebel...

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