Durchquerung der Ankogelgruppe - Teil 4/4: Über tausend Blöcke musst du geh'n...

Hast Du Dich schon einmal ganz klein gefühlt? So wirklich als Zwerg in einer nicht beherrschbaren Umgebung? Klar, auf hohen Bergen oder in wilder Landschaft spüren wir die Größe von Mutter Natur - oft steht dabei aber Bewunderung und Genuss im Vordergrund. Im Kar vor der Mallnitzer Scharte überraschte mich dagegen ein Gefühl, was ich bisher so stark noch nicht wahrgenommen hatte. Demut ist vermutlich das Wort, was es am besten trifft.


Doch der Reihe nach.

Beim einsamen Frühstück, noch bevor selbst die Belegschaft der Gießener Hütte aufgestanden war, begutachteten wir den langsam erwachenden Tag. Leider schien der Wetterbericht des Alpenvereins Recht zu behalten: Es war bereits stark bewölkt. Trotzdem schulterten wir gegen 6:15 Uhr unsere Rucksäcke und starteten Richtung Detmolder Grat, denn eigentlich war ja die Tauernkönigin unser Ziel.


Über einen gemütlichen Pfad (Schwarzburger Weg) geht es zunächst nur leicht ansteigend über Wiesen und Blockgelände. Meine Motivation ließ aufgrund des Wetters und der Aussicht auf einen nochmaligen Abstieg über die Steinernen Mandln allerdings zu wünschen übrig, und so entschied ich mich noch vor Erreichen der Lassacher Winkelscharte zum Abbruch. Bei diesen Verhältnissen machte es für mich keinen Sinn, weiter zur Hochalmspitze aufzusteigen.

Kein Wetter für einen anspruchsvollen 3000er...

Pünktlich mit den ersten Regentropfen erreichte ich um halb neun wieder die Hütte, wo ich mich in mein Bett verzog und das frühe Aufstehen auszugleichen versuchte. Katharina und Uli trafen um einiges später ein - sie waren noch bis zur Scharte gegangen, hatten sich dort aber dann auch angesichts der dunklen Wolken für einen Abbruch der Tour entschieden.

Bei einem kleinen Mittagessen beratschlagten wir das weitere Vorgehen. Den Nachmittag auf der Hütte zu verbringen schien uns wenig verlockend, zudem war für den Folgetag ebenfalls kein Traumwetter angesagt. Im schlimmsten Fall würden wir uns also viele Stunden langweilen, am nächsten Tag im Regen zur nächsten Hütte laufen und dort dann wieder einen Nachmittag die Zeit totschlagen. Glücklicherweise schien es zumindest zwischenzeitlich wieder aufzuklaren, sodass wir beschlossen, den dreieinhalbstündigen Übergang zum Arthur-von-Schmid-Haus noch anzugehen. Wir packten also unsere sieben Sachen und brachen um 13 Uhr erneut auf.

Nun nahmen wir den Buderusweg unter die Haxen. Auch dieser beginnt gemütlich und lässt Zeit zum Genießen.


Je höher es geht, desto felsiger wird die Umgebung - für uns zunächst nichts besonderes, da schon oft erlebt. Anfangs sind die großen Blöcke auch noch zu einem komfortablen Weg aufgeschichtet, ...

Sehnsüchtiger Blick zur Hochalmspitze

... was sich jedoch spätestens mit Erreichen des beeindruckenden Kares vor der Mallnitzer Scharte (2673m) ändert.


Ab hier weisen lediglich Farbmarkierungen die Richtung an; einen Weg gibt es nicht mehr.

Mallnitzer Scharte = tiefster Punkt der Felsen am oberen Bildrand

Und so zieht sich der Weg bis zur Scharte - während die teils riesigen Blöcke mit den klaffenden Löchern dazwischen überklettert werden müssen, kommt man nur sehr langsam und mühsam voran.


Das ist es wohl auch, was mich so nachhaltig beeindruckt hat: Wir sind es mittlerweile fast gewöhnt, dass uns ein einwandfreier Weg vorgesetzt wird. Muss man sich aber so der Natur und der Umgebung unterordnen, bekommt man ziemlich bald ein Gefühl dafür, wie klein und unbedeutet die eigene Existenz für dieses Stück Wildnis ist. Die Felsen scheren sich reichlich wenig darum, wer auf ihnen herumkraxelt - sie werden auch in vielen, vielen Jahren noch so da liegen. Der Mensch kann sie zwar mit rot-weißen Farbkleksern versehen, aber gänzlich beherrschen wird er solch eine Umgebung (hoffentlich) nie.

Immer wieder nach dem bestem "Weg" suchend, kamen wir also nur sehr schleppend voran und benötigten eine volle Stunde vom Erreichen des Kares bis zum Erreichen der Scharte.

Das letzte Stückchen

Inständig hofften wir, dass auf der anderen Seite ein gutmütiger Pfad herunterleiten würde.

Fehlanzeige.

Eine weitere, endlose Blockwüste erwartete uns.


Und so ging es, nun bei leichtem Nieselregen, bergab. Steigend und kletternd (mit den schweren Rucksäcken teils gar nicht so einfach) arbeiteten wir uns voran, ...


... bis endlich, endlich die Blöcke kleiner...



... und der Weg wieder zum Weg wurde.

Im Rückblick wirklich wunderschönes Gelände

Zu unserer Freude zeigte sich auch noch einmal die Sonne und begleitete uns sogar bis zur traumhaft gelegenen Hütte am Dösner See (2275m).


Hier bekamen wir die letzten freien Plätze in einem Dreierzimmer zugeteilt - Glück gehabt.

Rückblick zur Mallnitzer Scharte (tiefster Punkt)

Die Nacht verlief aufgrund der durchgelegenen Matratzen sowie der Kombination von verglaster Zimmertür und Bewegungsmelder für Licht im Flur leider wenig erholsam, sodass wir am folgenden Tag erst einmal ausschliefen und dann den Abstieg in Angriff nahmen. Denn noch einen Tag bei unsicherem Wetter über Blöcke zu steigen; dazu hatten wir wirklich keine Lust.

Abstieg am 18.08.2016 durch's wunderschöne Dösner Tal

Auf Wiedersehen, Ankogelgruppe!

Obwohl es im Tal sehr heiß war, besiegten wir unseren inneren Schweinehund und liefen noch einmal eine gute Stunde durch Mallnitz, um zum am Parkplatz der Ankogelbahn geparkten Auto zu kommen und die Runde per pedes abzuschließen.

Hier ging für uns eine Tour voller interessanter Eindrücke und neuer Erfahrungen zuende. Danke, Ankogelgruppe - für die Tauernkönigin kommen wir sicher nochmal wieder!

  • Tourdatum: Mittwoch, 17.08.2016 und Donnerstag, 18.08.2016
  • Zeitbedarf: Gießener Hütte - Mallnitzer Scharte 2,5 Stunden, Mallnitzer Scharte - Arthur-von-Schmid-Haus 2 Stunden, Abstieg bis Parkplatz Ankogelbahn knapp 4 Stunden (mit Pausen)
  • Höhenmeter am Mittwoch: knapp 500 rauf und 400 runter
  • Höhenmeter am Donnerstag: 1100 runter

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