Kreuzreifhorn (2466m) mit Variante über die "Direkte Nas'n" (III+)

Es sind Sprüche wie "Mit ganz viel Phantasie könnte das da hinten ein umgestürzter Steinmann sein" oder "Das ist ein Zweier, der mir taugt" - "Weil's halt nur ein Einser ist", die einem im Gedächtnis bleiben. Die noch tagelang als Running Gags zum Besten gegeben werden und mich auch jetzt noch schmunzelnd lächeln lassen, wenn ich an die Tour denke. Ja, es hätte die Gesamtüberschreitung der Reifhörner werden sollen. Stattdessen waren wir nur auf einem der Gipfel. Aber ist das wichtig, wenn man letztendlich einfach nur mit Freude an den Tag zurückdenkt?


Kurzurlaub auf der Schmidt-Zabierow-Hütte - neben Sportklettern sollte es natürlich auch auf ein zwei Gipfel gehen. Zum Auftakt und eigentlich am laut Wetterbericht besten Tag nahmen wir die Reifhörner ins Visier. Über die "Direkte Nas'n", eine Klettertour von vier (eigentlich fünf, aber die Zweierlänge gingen wir seilfrei) Seillängen, starteten wir. Leider machten die Wolken wenig Anstalten, sich zu verziehen und die wärmende Sonne so richtig zum Vorschein zu bringen. Stattdessen wehte ein unangenehmer Wind.


Wir hatten bereits am Vorabend vereinbart, dass wir statt des weiteren Nordostgrats (Stellen III) den Normalweg auf das Kreuzreifhorn nehmen würden, wenn sich einer von uns unwohl fühlen sollte. Und irgendwie war nach der kurzen Kletterei schnell klar, dass das aktuell der Fall war. Also packten wir das Seil ein und folgten nun den roten Markierungen in die Südostflanke des Berges.


Wie zu erwarten ging das Weiterkommen hier recht entspannt von der Hand - auch wenn ein kleines Schneefeld für eine kurze Unterbrechung des Wanderflusses sorgte.


Am Ende wird es dann ein wenig kraxeliger...


... und glücklicherweise dann doch bei mehr oder weniger konstantem Sonnenschein erreichten wir um kurz vor zwölf den einsamen Gipfel.


Hier ließen wir uns erst einmal unsere Brotzeit schmecken.

Aber jetzt gleich wieder absteigen? Das Wetter hatte sich gebessert, wir waren gut ausgerüstet und hatten noch viel Zeit. Nein, zumindest anschauen wollten wir uns die weitere Überschreitung. Zum Übergang auf das Große Reifhorn sprach der Kletterführer lediglich von "ohne Schwierigkeiten". Etwas ratlos standen wir daher am Weinschartl, dem tiefsten Punkt zwischen den beiden Gipfeln. Direkt am Grat gerade empor? Ganz schön ausgesetzt und aus unserer Sicht mindestens II. Oder doch ein paar Meter weiter unten über Bänder?

Links Großes Reifhorn, rechts Westliches Reifhorn: An der ganz linken Bildhälfte der Aufschwung direkt aus dem Weinschartl

Ich war letzterer Meinung und gab an dieser Stelle den oben zitierten Satz mit dem Steinmann zum Besten - jedoch in voller Ernsthaftigkeit. Recht ausgesetzt und bröselig näherte ich mich einer vermeintlichen Farbmarkierung...


... der weitere Weg war aber nicht einsehbar und auch keine weiteren Markierungen zu sehen - und im Zweifel hätten wir das Ganze wieder zurückklettern müssen (genauso wie wenn wir den direkten Grat ausprobiert hätten). Da uns dies nicht behagte, ließen wir es dann doch gut sein und stiegen gemütlich über den Normalweg ab.

Spannend wurde es noch einmal bei einem Schneefeld in der Nordwestflanke (welche wir im Aufstieg über die Kletterroute umgangen waren), denn ich war lediglich mit Zustiegsschuhen unterwegs. Prompt zog mir der Schnee beim zweiten Schritt den Fuß weg und ich nahm Fahrt auf. Interessant, wie instinktiv man in so einer Situation handelt, wenn einem immer wieder verklickert wird, was man zu tun hat: Auf den Bauch drehen, Liegestützposition... Drei Sekunden später kam ich schon wieder zum stehen. Gut zu wissen, dass das funktioniert! Passiert wär an dieser Stelle nicht viel, denn das Schneefeld war nicht groß und endete auch nicht an einem Abbruch. Es hätte aber sicher weh getan, vom Geröll gebremst zu werden. So war ich froh, nur kurzzeitig über kalte Hände klagen zu müssen.

Mitterhorn links und Breithorn rechts: Beide Gipfel sollten wir am nächsten Tag besteigen

Kurz vor der Hütte: Hier sollte man besser nicht hineinfallen!

Zwei Tage später erfuhren wir bei einem Plausch an der Hütte: Meinen Ausrutscher hatten zwei Bergsteiger von der Hüttenterrasse aus mit dem Fernglas beobachtet und zum Anlass genommen, bei ihrer Tour einen Tag später lieber über die Kletterrouten abzuseilen.

Achja, und die Hüttenwirtin erklärte uns übrigens, dass es direkt am Grat weitergegangen wäre. Beim nächsten Mal dann!

  • Tourdatum: Dienstag, 16.07.2019
  • Zeitbedarf: Zustieg zu den Kletterrouten ca. 20 Minuten, Kletterei gut 1,5 Stunden, Weiterweg zum Gipfel nochmal 1 Stunde, Abstieg 2 Stunden
  • Höhenmeter: 500, davon 115m Kletterei, Rest leichte Schrofen bis zum Normalweg und auf diesem weiter (oben nochmal Einserkraxelei) zum Gipfel

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