Wo ein Wille, da ein Weg: Wörner (2476m)

Manchmal passiert es, dass man sich ein Ziel in den Kopf setzt. Und auch dann nicht davon abweichen mag, wenn alles dagegen spricht. So ging es mir zuletzt am Wörner. 


Auf den Wörner wollte ich schon lange einmal. Vielleicht, weil ich vor vielen Jahren schon einmal bewundernd an seinem Fuße stand. Vielleicht, weil der Aufstieg mit einem Hauch von Anspruch verknüpft ist, gleichzeitig aber entspanntes Bergsteigen verspricht (besonders wenn man alleine unterwegs ist). Oder vielleicht auch nur, weil er ein so markantes, aber doch vergleichsweise leicht zu erreichendes (Karwendel-)Gipfelziel abgibt.

Wie dem auch sei, ich hatte es mir in den Kopf gesetzt.

Der erste Dämpfer kam bereits beim Frühstück: Mein Zug von Freising nach München hatte genau die richtige Verspätung, dass ich den Zug nach Mittenwald gerade aus dem Bahnhof würde herausfahren sehen. Enttäuschung, schon zuhause. Motivationslos packte ich ein paar weitere AV-Karten für mögliche alternative Gipfelziele in den Rucksack.

Glücklicherweise prüfte ich auf dem Weg nach München nochmals die Verbindungen: Ein weiterer Zug nach Mittenwald würde 30 Minuten nach meinem geplanten fahren. Die halbe Stunde würde den Kohl auch nicht mehr fett machen, dachte ich mir. Ich hatte nämlich - in der Hoffnung, so dem wochenendlichen Ansturm auf die Berge ein bisschen auszuweichen - geplant, erst etwas später mit meiner Tour zu starten: Ursprünglich um halb zehn, so nun halt um elf.

Der zweite Dämpfer dann kurz vor Mittenwald: Während alle anderen Berge ihre Häupter zeigten, versteckte sich der Wörner in Wolken. Na super... Ich hatte jedoch die Hoffnung, dass sich die Wolken noch auflösen würden. Also schwang ich mich aufs Radl und steuerte den Abzweig zum Rehbergalmsteig an.

Über den eigentlich ganz netten Steig (leider mit lang andauernder "Beschallung" von der Bundesstraße) ...


... erreichte ich gegen halb eins die Rehbergalm.


Ich pausierte nur kurz und machte mich über die tropfnassen Wiesen gleich weiter auf zum Zunterwaidkopf, einer unauffälligen Erhebung im Gratverlauf Richtung Wörnerkopf.

Hier dann noch ein Dämpfer: Die Wolken schienen keine Anstalten zu machen, sich von den höheren Karwendelbergen lösen zu wollen; der Wörner war noch immer komplett eingehüllt.


Während meine Motivation weiter auf Talfahrt ging, folgte ich dem ebenfalls eigentlich sehr schönen Pfad zum Wörnerkopf.

Je näher ich schließlich diesem Gipfelchen kam, desto lichter wurden die Wolken rings herum. Für einen kurzen Moment spitzte sogar das Gipfelkreuz meines eigentlichen Ziels heraus. Würde es etwa doch noch etwas werden?


So oder so war am Wörnerkopf aber erst einmal Pause angesagt. Mit dem Fernglas beobachtete ich, dass nicht nur ich den weiteren Anstieg noch angehen wollte.


Gegen 14 Uhr stand nun also auch ich am "Einstieg". Noch immer zweifelte ich, ob ich nicht doch einfach runter zur Hochlandhütte gehen und es mir dort gut gehen lassen sollte. Mit der Gewissheit, dass ich den Aufstieg ja jederzeit würde abbrechen können, brachte ich den inneren Schweinehund jedoch schnell zum Schweigen.


Für die speckige Einstiegskraxelei brauchte ich aufgrund des zugebatzten Schuhprofils ein, zwei Anläufe. Das Gelände legt sich anschließend aber schnell zurück, und vom Kraxel- wird wieder in den Gehmodus umgeschaltet. So erarbeitet man sich einen großen Teil des knapp 500 Höhenmeter umfassenden Anstiegs.

Unten noch grasig

Typisches Gelände im mittleren Teil

Nach einer längeren Querung...


... wird es noch einmal kraxeliger...


... und genau dann, wenn man langsam keine Lust mehr hat, taucht das Kreuz auf.

Es sieht anspruchsvoller aus als es ist!

Nachdem die letzten Besteiger sich gerade auf den Rückweg gemacht hatten, war ich zu meiner Freude ganz alleine am Gipfel. Ich ließ mir meine Brotzeit schmecken und genoss zudem die doch tatsächlich vorhandenen Ausblicke.

Düstere Stimmung am Gipfel - aber so schlimm war es gar nicht :-)

Blick ins Vorkarwendel

Mystischer Grat zur Hochkarspitze

Tiefblick über die Auf- bzw. Abstiegsflanke zum Wörnerkopf

:-)

Leider war es recht kalt, sodass ich mich bald wieder an den Abstieg machte. Trotz etwas gestresster Oberschenkel kam ich gut voran und erreichte um kurz nach 17 Uhr die Hochlandhütte. Zeit für eine Stärkung!

Sieht fast nach Sonnenuntergang aus, tatsächlich war es aber erst 16:45 Uhr

Eine Grießnockerlsuppe und ein alkoholfreies Weißbier später musste ich mich dann leider auch hier verabschieden. Ich hoffte, den Zug um 20:36 Uhr zu erwischen, nachdem für den weiteren Abstieg nach Mittenwald knapp 2 Stunden angegeben waren. Tatsächlich war ich bereits um 19 Uhr wieder am Radl, sodass ich locker zum Bahnhof kurven und mich schon um 19:36 Uhr in den angenehm leeren Zug setzen konnte.
  • Tourdatum: Samstag, 18.07.2020
  • Zeitbedarf: Mittenwald Bahnhof - Wörnerkopf gut 2,5 Stunden, Wörnerkopf - Wörner knapp 1,5 Stunden, Wörner - Hochlandhütte gut 1,5 Stunden, Hochlandhütte - Mittenwald Bahnhof knapp 1,5 Stunden, gesamt: 7 Stunden (mit Pausen: 8 Stunden)
  • Höhenmeter: gut 1550

Kommentare

  1. Cool, dass es trotz Allem geklappt hat. Der Wörner ist schon ein schöner Berg.

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