Überschreitung Hoher Göll (2522m) und Hohes Brett (2340m)

Bombenwetter und noch dazu eine Gewittergefahr, die laut Wetterbericht gegen Null geht: Klar, dass da auch eine große Tour drin ist! Unsere Wahl fiel auf den Hohen Göll, da dieser dank eines hohen Ausgangspunktes an einem Tag gut zu machen ist. Es sollte jedoch eine längere Tour werden als ursprünglich geplant...


Die erste Herausforderung bestand zunächst darin herauszubekommen, wann denn genau der erste Bus zum Kehlsteinhaus (1834m) fahren würde. Die Angaben schwankten - auch auf offiziellen Seiten - von 7:40 Uhr bis 8:30 Uhr, wobei im Busplan des RVO, der ja die Fahrten durchführt, 7:40 Uhr als erste Fahrt angegeben war. So verließen wir uns auf diese Aussage und trafen überpünktlich um 7:15 Uhr am Busbahnhof in Obersalzberg ein. Dort dann der Schock: Am Aushangfahrplan war keine Rede von 7:40 Uhr; die Fahrten um 8:30 Uhr und 8:55 Uhr waren versehen mit dem Zusatz "Nur bei mehr als 15 Personen"! Doch so schnell wollten wir nicht aufgeben und fragten uns durch. Die Entwarnung kam dann glücklicherweise sofort: Um 7:40 Uhr führe der Beschäftigtenbus und ja, wir dürften mitfahren - puh!


So ziemlich alleine dort zu stehen und die Aussicht zu genießen, wo sich an einem solch schönen Tag normalerweise die Menschen gegenseitig auf die Füße treten, war schon ein super Gefühl. Dass wir so früh aufbrechen wollten, hatte aber auch noch einen anderen Grund. Für den Aufstieg über den Mannlsteig zum Hohen Göll werden 3-4 Stunden reine Gehzeit veranschlagt, für den Abstieg durchs Alpltal rechnete ich noch einmal mit 4 Stunden. So verloren wir auch keine Zeit und machten uns gleich auf den Weg.


Der Mannlsteig wird zwar vielerorts als Klettersteig bezeichnet, ähnelt meist aber eher einem versicherten alpinen Steig, der in abwechslungsreichem Auf und Ab zunächst kaum an Höhe gewinnt. Wir waren mit Klettergurt plus Bandschlinge und Karabiner als Selbstsicherung ausgerüstet; wer sicher klettert, kann das Ganze auch gut ohne zusätzliches Material machen.




Gleichzeitig müssen natürlich auch die Bedingungen passen, denn bei Nässe kann es sehr rutschig werden. Ich hatte eher Bedenken wegen Altschneefeldern, doch die beiden, die uns im Steig begegneten, konnten gut be- bzw. umgangen werden.

Ausstiegsklammern

Rückblick nach dem Ende des Mannlsteigs

Nach zweieinhalb Stunden erreichten wir den Ausstieg des "Klettersteiges" über eine kurze senkrechte Trittstufenleiter. Von hier aus benötigten wir noch einmal zwei Stunden bis zum Gipfel - Pausen wohlgemerkt mitgezählt. Dabei geht es über mäßig steile Schrofenhänge, unterbrochen von bereits stark aufgefirnten Schneefeldern und einer weiteren Steilstufe.




Beim Ausstieg des "Kamins", der von Nordosten her kommt und vergangene Woche noch unpassierbar war, machten wir eine Brotzeitpause, um uns für den Endspurt zu stärken. Nach einiger Zeit war dann endlich das Gipfelkreuz zu sehen, an dem wir eine wohlverdiente lange Pause machten. Und was für ein Ausblick!

Hinten etwas rechts der Bildmitte das Dachsteingebirge, rechts davor das Tennengebirge

Ganz hinten markant das Gebiet des Hochkönigs (2941m), in der Verlängerung der Wegspur im Vordergrund der Archenkopf und rechts daneben das Brettriedel

Ganz rechts der Watzmann, in Bildmitte der Kamm vom Brettriedel zum Hohen Brett, dahinter leider verdeckt der Königssee

Leider ist auch am schönsten Gipfel irgendwann die Zeit für den Abstieg gekommen. Wir hatten neben dem ursprünglich geplanten Rückweg durch das Alpltal nun auch die Überschreitung des Hohen Bretts ins Auge gefasst, denn wir fühlten uns fit und der Weg sah gut machbar aus. Zunächst einmal stiegen wir Richtung Südosten ab, denn erst an der Göllscharte trennen sich die beiden Wege.

Rückblick

Hochgebirgsfeeling

Links mit der Schneehaube der Archenkopf, unterhalb bzw. rechts davon führen die Spuren zu einer kleinen Einschartung, von wo aus es wieder auf den Grat geht

Dort fiel dann schließlich die Entscheidung zugunsten eines weiteren Gipfels und gegen den Kampf durch den Sulzschnee des Alpltalkares. Ein wenig kämpfen mussten wir zwar auch hier, aber nachdem wir den Spuren am Archenkopf vorbei zurück zum Grat gefolgt waren, hatten wir wieder Fels unter den Fußsohlen.


Über Werner eine Gewitterwolke mit Amboss - zugegebenermaßen in weiter Entfernung

Teils seilversichert, teils in leichter Kletterei (der II. Grad wird nirgends erreicht) ging es auch hier wieder auf und ab, bis wir zu einer heiklen Querung kamen. Ich hatte bereits seit etwa einer halben Stunde ein Auge auf die Wolken, die sich am Alpenhauptkamm bildeten, und ein wenig Angst davor, doch noch in ein Gewitter zu kommen. Vielleicht auch aus diesem Grund begab ich mich etwas unvorsichtig in das von älteren Spuren versehene Schneefeld, als plötzlich der Tritt nachgab und ich nur noch an meinem Pickel hing, den ich bergseitig in den Schnee gestoßen hatte. Ein kleiner Schreckmoment, dann sammelte ich mich und durchquerte das Schneefeld unversehrt. Mein Begleiter, der keinen Eispickel dabei hatte, wählte daraufhin den felsigen Weg direkt am Grat, was problemlos möglich war.


Die Frage war nun: Sollte es noch weitere Stellen dieser Art geben, und würde man diese genauso leicht umgehen können? Da der Rückweg mittlerweile recht lang gewesen wäre, traten wir die "Flucht" nach vorne an und kamen schließlich ohne weitere Probleme zum Gipfel des Hohen Bretts.


Obwohl die Wolken immer höher quellten und es südlich des Königssees bereits regnete, hatte ich nun keine Bedenken mehr, dass wir die Wut des Himmels zu spüren bekommen sollten. Den drei jungen Männern, die uns am Gipfel (um kurz vor 15 Uhr) fragten, wie weit es denn noch zum Hohen Göll sei, rieten wir allerdings trotzdem vehement davon ab, sich noch auf diesen langen Weg zu machen.

Am Jägerkreuz, in der Ferne braut sich was zusammen

Unser Weiterweg führte nun bergab zum Carl-von-Stahl-Haus (1736m), wo wir unsere Getränkespeicher auffüllten - das tat gut, denn viel war von den knapp zweieinhalb Litern, die ich dabei hatte, nicht mehr übrig. Und der Abstieg sollte sich noch ziehen: Geschlagene zwei Stunden Hatsch auf Versorgungsstraßen erwarteten uns, viele Meter davon glücklicherweise im Schatten.


Bei der anschließenden Einkehr im kulinarisch sehr empfehlenswerten Hotel Bergheimat spürte ich meine Füße wie schon lange nicht mehr und war gleichzeitig unglaublich glücklich über diese eindrucksvolle Tour! Es hätte für mich nicht unbedingt ein Tag mit über 30° Grad im Tal sein müssen, doch die Tatsache, dass wir relativ früh im Jahr unterwegs und damit über weite Strecken ungestört waren, machten dies in jedem Fall wett!
  • Zeitbedarf: Aufstieg zum Hohen Göll 4,5 Stunden, Übergang zum Hohen Brett gut 2 Stunden, Abstieg bis nach Königssee 4 Stunden; gesamt 10,5 Stunden (alles inklusive Pausen)
  • Höhenmeter: Grob geschätzt 850 im Aufstieg, Abstieg knapp 2000

Kommentare

  1. Hallo Rebecca, eine sehr schöne Tour, die auch heuer noch auf meiner Liste steht, wenn auch ein wenig anders mit Einsamkeitsgarantie....

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  2. Servus Ameranger, magst du verraten, wie du gehen willst? Hast mich neugierig gemacht ;)

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  3. Hi Leute,
    ich werde mir heute einmal die Tour ansehen, wenn auch mit kleinen Änderungen.
    Werde etwasweiter unten starten und dann zu Fuß zum Kehlsteinhaus marschieren.
    Dann wie beschrieben Hoher Göll - Hohes Brett - Stahlhaus.
    Von dort dann über die Mitterkaseralm zum Parkplatz Hinterbrand.
    Dann entweder zu Fuß oder mit dem Bus zum Auto zurück...

    Wird eine lange Tour, darum gehts auch um halb 6 los :) Also erstmal gemütlich frühstücken!

    lg
    Patrick

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  4. Hallo Patrick, hast du die Tour gemacht? Wie wars?

    Viele Grüße

    Rebecca

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