Spannende Kraxelgrate am Spitzingsee - Taubenstein und Rotwand für Bergsteiger

Wir schreiben den 29. November 2014, einen Tag vor dem ersten Advent. Zu dritt sitzen wir auf der Terrasse des Rotwandhauses auf 1737m und genießen Kasspatzen und Speckknödelsuppe bei föhnigen 20°C, während im Tal der Nebel regiert. Hinter uns liegen mit dem Südgrat des Taubensteins und der Komplettüberschreitung der Rotwandgipfel zwei ungewöhnliche und alpine Aufstiege zu bekannten Voralpengipfeln - Herz, was willst du mehr?


Inspiriert zu dieser Tour hatte mich das Topo des Taubenstein-Südgrates. Für einen ausgefüllten Bergtag ist diese kurze Kletterei jedoch etwas mickrig, daher zog ich noch die Überschreitung der Rotwandgipfel aus dem Buch "Auf dem Grat in den Ostalpen" in meine Überlegungen mit ein. Bis zum Rotwandkopf sollte es in jedem Fall gehen, der Weiterweg würde sich schon zeigen.

Der RVO-Bus Nr. 9562 brachte uns von Schliersee zum Ausgangspunkt an der Taubenstein-Bergbahn, die zur Zeit wegen Revision geschlossen ist - ein Glück für uns! Über die Piste ging es flotten Schrittes die fünfhundert Höhenmeter zur Bergstation hinauf, von wo wir den Weg Richtung Rotwand nahmen. So läuft man zunächst am Taubenstein vorbei, um schließlich wieder einige Meter bergab zu steigen und weglos zum Südgrat zu queren. Nimmt man dazu die erste Gelegenheit, "verpasst" man die erste Seillänge des Grates, welche von oben aber sowieso weniger einladend aussah.

Einstieg in die zweite Seillänge

Genussklettern pur


Los ging es also mit der zweiten Länge, wobei wir aufgrund der niedrigen Schwierigkeit ohne Seil gingen. Überhaupt ist die Bewertung des oben verlinkten Topos relativ großzügig mit der Vergabe der Schwierigkeitsgrade - bis auf die Abkletterstelle, die vielleicht II+/III- ist, konnten wir keine Dreierstellen und nur mit wirklich gutem Willen weitere Zweierstellen finden. Der Rest besteht aus Genusskraxeln im ersten Grad in wunderbar strukturiertem Kalk.

Schlüsselstelle

Schlüsselstelle inkl. Aussicht

Da lacht das Bergsteigerherz

Die letzten Meter


Da wir bereits Pause gemacht hatten, gingen wir vom Gipfel des Taubensteins (1692m) gleich weiter Richtung Rotwand. Nach Querung des Lämpersbergs, welcher im Winter Wildschongebiet ist, schwenkten wir an der markanten Scharte, von wo aus man das Rotwandhaus zum ersten Mal sieht, nach links und gelangten auf Pfadspuren zum kreuzgeschmückten Gipfel des Rotwandkopfes.




Hier konnten wir uns auch nach einer dreißigminütigen Pause kaum losreißen, denn die Aussicht und die Wärme des Föhns waren einfach nur traumhaft schön!

Großer Traithen, Ruchenköpfe, Kaiser, Trainsjoch und im Hintergrund die Steinberge


Hohe Tauern, davor das Hintere Sonnwendjoch

Der Blick reicht bis in die Allgäuer Alpen (Bildmitte ganz hinten)

Im Norden: Eine Nebelsuppe...

Doch wir wollten ja - wenn möglich - noch die Überschreitung der weiteren Gratbuckel angehen. Laut der Beschreibung des Buchautors sollte es in Einserkletterei in die nächste Scharte gehen - wir fanden einen freilich recht ausgesetzten, aber gut ausgetretenen Pfad vor, Kletterstellen waren keine dabei.

Blick in die Scharte - an der Kante entlang geht's wieder aufwärts (sieht schlimmer aus, als es ist)

Blick zurück

Von der Scharte - so die Beschreibung - sollte es südlich am nächsten Buckel vorbei gehen, wobei eine Rinne (III-) abzuklettern sei. Wir waren jedoch der Meinung, dass auch der nächste Aufschwung (ca. II) zu machen sei, also bewegten wir uns vorsichtig und jeden Tritt bzw. Griff prüfend wieder bergauf.




Mit der nötigen Umsicht war es letztendlich kein Problem, und so standen wir schon auf dem letzten Grathöcker, der gut bevölkerte Hauptgipfel zum Greifen nah. Spannend war noch die Tatsache, dass wir nicht wussten, wie es in die letzte Scharte hinunter gehen würde, doch bis auf eine kurze Einserstelle löste sich dies in Wohlgefallen auf, sodass wir um halb drei am Hauptgipfel ankamen.




Die Menschenmassen und der Appetit auf das leckere Essen des Rotwandhauses trieben uns schnell bergab, wobei uns sehnsüchtige Blicke auf die Felswände der Ruchenköpfe und auf zwei Kletterer in der Südwand des Rotwandkopfes immer wieder aufhielten. Schließlich schafften wir es dann doch auf die Sonnenterrasse der Hütte und zu eingangs beschriebener Szene.

Der Einfachheit halber, und um den Bus um 16:30 Uhr zu bekommen, nahmen wir den Fahrweg zum Spitzingsee - mit dem absolut genialen Gefühl, in einem so überlaufenen Gebiet zwei stille und außergewöhnliche Touren gemacht zu haben.
  • Zeitbedarf: Bushaltestelle bis Taubenstein knapp 2 Stunden, weiter zum Rotwandkopf 1 Stunde, Überschreitung 30 Minuten, Abstieg zum Rotwandhaus 10 Minuten. Abstieg vom Rotwandhaus zum Spitzingsee 1,5 Stunden.
  • Höhenmeter: Aufgrund des vielen Auf-und-Abs schwer zu sagen, wahrscheinlich um die 1000
  • Felix' Bericht gibt es hier zu lesen

Kommentare

  1. Hi Rebecca, das ist ein schöner Tourenbericht, macht Lust auf Nachmachen. Diese Zeit im Spät(est-)Herbst ist ja oft traumhaft. Die Gegend um die Rotwand kenne ich nur wenig, im Studium war ich mal dort. Ansonsten sind wir hauptsächlich in den Berchtesgadener Hausbergen unterwegs (haben da auch mit Bruckmann ein Buch gemacht) oder in den Loferern, Tauern oder im Wallis. Habe Euren Blog erst heute gefunden, gefällt mir aber gut. Auch Deuer Bericht in hikr ist schön.
    Grüße aus Reichenhall
    Michael und Brigitte
    (www.prittwitz.info)

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    1. Lieber Michael,

      danke für das Lob :)Eure Seite ist aber auch sehr schön! Wollen wir uns vielleicht verlinken? Dann wäre zumindest von meiner Seite aus ein regelmäßiger Besuch garantiert ;)

      Viele Grüße

      Rebecca

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  2. Eine tolle Tour, die wir am Wochenende auch gemacht haben
    http://www.via-ferrata.de/touren/gps/taubenstein-suedgrat

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  3. Stadler schreibt dazu: "Aufgrund seiner geologischen Besonderheit ist die Flora am Rotwandkopf sehr ungewöhnlich. Aus diesem Grund wurde die Wand nicht im Kletterführer Bayerische Alpen Band 3 veröffentlicht - wenngleich das Klettern hier nicht verboten ist. Allerdings ist unbedingte Rücksicht auf die Flora angebracht."

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